7. Januar 2025
Sarah Winkler
Als sehende Denkerin die Welt verstehen – das bedeutet für mich, Zusammenhänge zu erkennen und neue zu entdecken, ohne die alten auszuschließen. Es heißt, meinen gedanklichen und visuellen Horizont zu erweitern. Vor langer Zeit habe ich gelernt, nicht nur das Offensichtliche zu sehen, sondern auch das, was verborgen bleibt. Denn die Welt ist oft nicht, wie sie scheint – und Dreck ist manchmal mehr als nur Dreck.
Meine Welt ist eine Ausstellung der Zufälle. Wenn ein riesiger Traktor über den hellen Asphalt fährt, hinterlässt er Spuren – und plötzlich wird aus einem Bauern ein Künstler. Augenblicke wie diese wollen wahrgenommen werden. Die Spuren, die wir täglich hinterlassen, finden oft wenig Beachtung. Doch manchmal genügt ein Moment der Achtsamkeit, um ihre Schönheit zu erkennen.
Auch in der Kunst spielt der Zufall eine entscheidende Rolle. Der französische Künstler Celeste Boursier-Mougenot nutzt ihn als kreativen Motor: In seiner Klanginstallation „From Here to Ear“ bestimmen Vögel, wie die Musik erklingt. In „Clinamen“ bringt allein die Bewegung des Wassers eine Schale zum Klingen.
Spuren entstehen überall – auf Straßen, im Alltag, in unseren Gedanken. Es liegt an uns, sie zu sehen.
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